Das alljährliche Gelöbnis der Bundeswehr zum 20. Juli naht mal wieder (hier die Pressemitteilung des „Verteidigungsministerums“ dazu) und DIE LINKE fragt die Bundesregierung. Hier die Antwort: Drucksache 17/2353 (pdf).
Wir haben uns die Mühe gemacht sie zu lesen:
DIE LINKE hatte in der Vorbemerkung darauf hingewiesen, dass die Offiziere des 20. Juli 1944 sich jahrelang in den Dienst der Nazis gestellt hatten. Außerdem wurde ausgeführt, dass die Bundeswehr heute auf „weltweite Kriegseinsätze aus wirtschaftlichen Interessen“ ausgerichtet sei.
Die Bundesregierung reagierte hierauf: „Die pauschalen Verunglimpfungen und Unterstellungen in den Vorbemerkungen werden nachdrücklich zurückgewiesen. Sie entbehren jeder Grundlage. Auf eine Kommentierung wird daher verzichtet.“
Schade, schließlich basiert die Kritik am 20. Juli auf geschichtswissenschaftlichen Erkenntnissen, und was den Auftrag der Bundeswehr angeht, deutsche Wirtschaftsinteressen durchzusetzen, so hat dazu Ex-Bundespräsident Köhler schon alles gesagt.
Zahlen und Fakten:
Das Gelöbnis werden 400 Rekruten des Wachbataillons ablegen.
Hinzu kommen weitere 488 Soldaten für Organisation, Ehrenzug, Musikkorps usw.
Zusätzlich werden Feldjäger eingesetzt (im Vorjahr: 120)
macht zusammen insgesamt rund 1000 Soldaten
Es werden vergleichbare Kosten wie im Vorjahr erwartet, damals waren es
– 248.000 Euro auf Seiten der Bundeswehr (Mietkosten für Tribüne usw.)
– 377.000 Euro auf Seiten der Berliner Polizei
insgesamt also rund 625.000 Euro
Rechtsgrundlage: Am 3. Juni 2010 erteilte das Bezirksamt Berlin die Genehmigung zur Nutzung einer Grünanlage. Der Präsident des Bundestages hat mit Schreiben vom 19. April 2010 „seine Unterstützung zugesagt“ (was nicht präzisiert wird).
Eingeladen werden 3000 Gäste. Im Vorjahr waren 3703 Einladungen ausgesprochen worden, teilgenommen hatten 2595 Gäste.
Das geschichtspolitische Bild der Bundesregierung vom 20. Juli ist nach wie vor unbeeindruckt vom Forschungsstand und auch in sich höchst widersprüchlich:
So wird der 20. Juli zum „Aufstand des Gewissens“ und zur „herausragenden moralischen Tat“ überhöht. Zugleich heißt es: „Die Motive der Angehörigen des Widerstandes waren ebenso unterschiedlich wie der Grad ihrer Verstrickung in das Unrechtsregime.“ Genau: Die Motive waren höchst unterschiedlich. Der eine oder andere mag tatsächlich Gewissensbisse gehabt haben, etliche andere aber wollten einfach eine Art deutschnationale Diktatur fortführen und hatten erkannt, dass das mit Hitler nicht möglich war. Gerade wegen dieser pluralen Motivation kann der Staatstreich eben nicht pauschal als „Aufstand des Gewissens“ verklärt werden.
Die Behauptung, dass dieser Widerstand „den Weg für einen Neuanfang Deutschlands“ geebnet hätte, ist schlicht falsch. Dieses Verdienst gebührt den Soldatinnen und Soldaten der Anti-Hitler-Koalition und den Partisanenverbänden. Denn hätten diese nicht gekämpft und die faschistische Wehrmacht zurückgeschlagen, hätten die „Helden“ des 20. Juli keinen Staatsstreich unternommen!
Eine Ehrung von Deserteuren, Kriegsverrätern oder Überläufern der Wehrmacht ist nach wie vor nicht beabsichtigt – es bleibt bei der einseitigen Ehrung hochbelasteter Wehrmachtsoffiziere, die bis kurz vor Schluss dem Naziregime treu waren.